Donna Virtuosa – wie es dazu kam

Donna Virtuosa – wie es dazu kam

Plötzlich rief man mich Donna virtuosa. Es liegt gut zwanzig Jahre zurück.  Damals lebte ich in einem sehr schönen denkmalgeschützten Haus. Im Gebäude nebenan war ein italienisches Restaurant. Mehrmals täglich führte mich mein Fußweg an dem Lokal vorbei, um den S-Bahnhof zu erreichen. Und wie es sich für „echte“ Italiener gehört: Ciao, bella! Come stai? Das vernahm ich sehr, sehr häufig.

Eines Abends kam ich der netten Einladung nach, setzte mich auf die Terrasse und freute mich über ein gutes Wasser. Es war sehr warm zu dieser Zeit. Eine Bekannte kam kurz darauf zu mir an den Tisch. Wir plauderten.

Das coming-out

Nach wenigen Minuten stand der Herr des Hauses vor uns, und bereit, die Bestellung entgegen zu nehmen. Doch bevor er sich in Richtung Küche in Bewegung setzt, spricht er mich noch einmal an: Ah, signora, bei uns in Italia sagen wir zu solchen Frauen, wie sie es sind: „donna pelosa, donna virtuosa!“ „Aha! Was bedeutet das genau?“, will ich von ihm wissen.

In meiner Heimat sagen wir: Frauen mit Körperbehaarung haben besondere Fähigkeiten und … sind mit dem Teufel im Bunde. Donna pelosa, donna virtuosa! Das ist eine gute Nachricht, entgegne ich mit einem Lächeln. Das ist sehr beruhigend, sage ich. Dann wisse er sicherlich auch ganz genau, was er zu tun habe, um den „Zorn der Göttinnen“ zu vermeiden, ergänze ich charmant. So ist es bis heute.

Als Teenager im Zeltlager

Und noch weiter zurück liegend; vor gut vierzig Jahren hatte ich ein sehr ähnliches Erlebnis. Es war zu Beginn der Sommerferien wenige Wochen vor meinem 13. Geburtstag. Ich war damals mit einer Jugendgruppe unserer hiesigen Kirchengemeinde in ein Zeltlager gefahren. Wir fertigten gerade Papiergirlanden für ein Fest am Abend. Ich kam über den Zeltplatz gelaufen. Eine Horde Jungen lief hinter mir her. Mich interessierten die etwas älteren … 15, 16jährigen Teilnehmer. Mit den gleichaltrigen hatte ich keine gemeinsamen Interessen. Ich mochte zu dieser Zeit gern Musik, die niemand in meinem Alter hörte … Ich tanzte so gern. Das war nicht möglich mit den Jungen im selben Alter!

In diesem Augenblick kommt die Pfarrersfrau ebenfalls über den Zeltplatz gelaufen, während mir einige Jungs folgen. Ich lege neues Material für die Girlanden auf den großen Tisch. Da höre ich sie sagen: Sie ist mit dem Teufel im Bunde! Ihr Blick sagte das Selbe. Im ersten Augenblick war ich irritiert, dann kombinierte ich: Kirche, Pfarrersfrau, Jungs, Mädchen, Zeltlager … klar: Teufel!

Die Katze aus dem Sack

Tatsächlich habe ich mich viel lieber mit den noch älteren „Betreuern“ unterhalten. Wir trafen uns öfter am nahe gelegenen See. Es war eine wirklich schöne Umgebung. Ich mag tiefer gehende Gespräche. So saß ich halt mit 28jährigen auf einem Steg oder am Ufer des Sees. Und das sollte schnell beendet werden. Ich erhielt die Information: Wir dürfen uns nicht mehr zu zweit treffen und am See miteinander reden… Man spricht darüber! Ich bin froh, dass ich immerhin die wenigen Gespräche mit einem der „Aufpasser“ haben konnte. Er übrigens auch. Sehr, sehr gern haben wir uns ausgetauscht. … und es waren tatsächlich nur Worte!

Ich bin also eine donna virtuosa. Ich bin so wie ich bin. Ich habe meine Fähigkeiten … Ich bin mir nah. Und so bringe ich ab und zu Licht ins Dunkel. So wie Luzifer es tat. Daher sein Name. Ich bin unbeschreiblich weiblich und … eigenwillig! Von Natur aus eine „echte“ donna virtuosa. Ciao, bella!