Die Wintersonnenwende. Helles Licht kehrt nun zurück. In dieser feierlichen Jahreszeit finde ich den Aspekt von sakraler erotischer Liebe sehr ansprechend. Die Zeit der geweihten Nächte scheint mir besonders passend. Der Sonnenstand verändert seine Reichweite. Lebendigkeit und Kraft tritt in Erinnerung. Die Wechselwirkung von hell und dunkel wie im Yin und Yang macht deutlich auf sich aufmerksam. So auch in der sexuellen Liebe von Mann und Frau. Wenn sexuelle Liebe einen sakralen Ausdruck erhält, sollte dabei auch die höhere Form der Vereinigung zweier Körper gewürdigt werden. Und dies möglichst in ästhetischen geschützten Räumen. Heilige Stätten bieten einen ebenbürtigen Ort für diese hochgradig nonverbale Zeremonie.Tempel mit ihren Altären sind adäquate Räume. Eine untrennbare ätherische Kombination: Sakral und Erotik.
In die Mysterien eintauchen
Durch die Frau in die Mysterien eintauchen. Das ist die einzige sakrale Möglichkeit für den Mann. Die Frau ist der heilige Raum. Sie ist das Tor zu den Mysterien. Gemeinsam werden in wertschätzenden Gesten, Handlungen und Berührungen Räume eröffnet, die dem reinen Verstand verschlossen sind. In dem Raum der Mysterien ist die Frau zuhause, der Mann ein liebkosender Gast. Eintauchen, verweilen, sich treiben lassen und sich nähren von zwischenweltlichen Kräften. Was könnte sakraler sein? Was?
Sexualität als Ausdruck von heiliger Kraft
Lange vor unserer zivilisierten Gesellschaft waren Sexualität und Fruchtbarkeit lebendiger Ausdruck von heiliger Kraft. Alles schien im Kosmos von einer unsichtbaren Kraft durchdrungen zu sein. So waren selbstverständlich Sexualität und Fruchtbarkeit starke Elemente der universellen Lebenskraft. Zu diesem Zeitpunkt war der Mensch mehr mit der ihn umgebenden Welt verbunden. Pflanzen, Jahreszeiten, Elemente, Tiere – alles war von Bedeutung. Sexualität bedeutete Verbindung zu den universellen Energien. Eine heilige Kraft in allem Lebendigen! Körperliche Liebe wurde als eine Art Teilhabe an der vielfältigen Lebenskraft angesehen. In dem sogenannten Geschlechtsverkehr wurde eine Unterstützung in der menschlichen, wie auch in der landwirtschaftlichen Fruchtbarkeit vermutet. Ein Ritual für Wachstum.
Heilige Hochzeit
Fruchtbarkeitsmagie gehörte zum Alltag. Die Heilige Hochzeit war ein Ritual aus ökonomischer Sicht. Eine Stammesführerin oder Priesterin eines „Dorfes“ verkörperte die Göttin. Sie wählte einen jungen Mann zum König, um sich mit diesem zu vereinigen. Denn die Bestellung der Felder und deren Ernte war seit jeher unsicher. War man doch von den Launen der Natur abhängig. Während der heiligen Hochzeiten nahmen oftmals alle Dorfbewohner an dieser Zeremonie teil. Mit ihren kollektiven Orgasmen sollte die Fruchtbarkeit erfolgreich beeinflusst werden. Es scheint, die Ökonomie war von der sakralen Liebeskunst getragen. Dafür diente das Ritual der Heiligen Hochzeit!
Sakrale Erotik
Entdeckt man sakrale Erotik auf einem Pfad der Verehrung oder der Dankbarkeit? Die echte Verehrung und eine Dankbarkeit gegenüber der unermesslichen Güte des Seins. Mit sakral verbinde ich das Wissen um die Übergänge. Die Übergänge von der alltäglichen physischen Gegenwart zu den nicht sichtbaren Orten und Räumen. Ich nenne sie die Schwellen zum heiligen Erbeben zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. So ist dieses Dazwischen immerwährend da. Dies ist meines Erachtens ein zeitlicher Raum, der zum Innehalten und Erneuern dient. Zum gefühlten Vergewissern meiner Existenz. Sakral ist für mich das Gegenteil von spirituellem Krampf und Guru-Kontrolle. Weder monotone Gebete, noch religiöse Anleitungen. Als Zwilling der körperlichen Erotik, weist das Sakrale auf eine sehr lebendige Ergänzung hin. So verstehe ich die körperliche Erotik als Ehrerbietung an das Leben selbst. Eine himmlische Huldigung an dein Gegenüber. Ein Paradies? Vielleicht die Entdeckung deines Paradieses … in dir.